Wie ich mich in den letzten 3 Monaten verändert habe.
Ich wollte immer die ultimative Freiheit. Ich habe immer davon geträumt weit weit weg zu sein von meinem Alltag in Deutschland.
Und dann am 22.August war es so weit, das Datum an dem wir ein Dreiviertel Jahr lang dachten, dass wir nach Malaysia fliegen würden.
Es kam anders, alle Pläne wurden zu Nichte gemacht und das hat uns geprägt und stärker gemacht. Wir verbrachten eine Nacht in der wirklich ultimativen Freiheit, und mir war schnell bewusst, dass Sicherheit sehr wohl Vorteile hat.
Jetzt wird mir klar, dass die Freiheit vielleicht nur mit einer gewissen Sicherheit zu genießen ist.
Ich bin unterwegs, seit 3 Monaten, mit einem anderen Menschen zusammen, dem ich vertrauen kann, den ich sehr sehr gut kennenlerne, das gibt mir Sicherheit und wir geben uns Mut und Inspiration und können Reflektieren und wachsen.
Es gehört wohl dazu, zu dem reisen, dass ich manchmal die Menschen, die 8.000 Kilometer weit weg sind, in einem Umfeld, das ich mir Jahre lang vertraut gemacht habe, vermisse. Dass mir Beziehungen fehlen, Gefühle fehlen, Nähe fehlt.
Es gehört auch dazu, dass ich manchmal plane, wie es wohl sein könnte, wieder zurück zu kommen, wann auch immer.
Ich male mir aus, wie es werden könnte und das gibt mir in manchen Momenten unfassbar viel.
Ich lerne.
Ich habe mich entschieden diese Reise zu machen, um auch mich besser kennenzulernen, nicht nur die Länder und anderen Kulturen, von denen ich mich inspirieren lasse.
Gin und ich reflektieren viel, das ist auch manchmal sehr anstrengend, wir beschäftigen uns mit uns selbst, lesen Bücher, hören Podcasts. Lernen über uns selbst, wie wir funktionieren. Es ist unheimlich spannend und wichtig, finde ich.
Ich habe Zeit, ich nehme mir die Zeit mich mit mir selbst zu beschäftigen.
Ich hab mir schon immer schwer getan, mich um mich selbst zu kümmern, anfangs war ich es mir einfach nicht wert. Mit der Zeit lerne ich, dass ich es aber bin, dass ich liebenswert bin, dass ich es bin, obwohl ich fehlerhaft bin, weil es perfekt gar nicht gibt.
Ich versuche mich von dem Perfektionismus zu lösen, versuche meine „Fehler“ nach außen zu tragen. Ich hab mich noch vor einem Jahr gewundert, wieso mich alle immer für so perfekt gehalten haben, obwohl ich mich selbst immer als so Fehlerhaft gesehen habe. Aber ich habe mich einfach nach außen hin fehlerfrei gegeben und so konnten andere mich ja gar nicht anders sehen.
Ich will mich mit einem Körper beschäftigen, denn ohne ihn bin ich nichts.
Mein Geist muss mit meinem Körper zusammen funktionieren, sonst hab ich ein Problem.
Krankenheiten sehe ich als Warnungen, ich will mich auch um meinen Zyklus kümmern, denn der ist seit Jahren nicht so, wie er sein sollte. Ich will mich um ein Gleichgewicht in mir kümmern, und dazu gehört auch eine ausgewogene Ernährung.
Die war mir nämlich auch unwichtig, für mich war essen immer ein nötiges übel.
Musste ich halt machen, es war mir egal was es war, Hauptsache ich verletze keinen anderen damit. Deswegen versuchte ich mich überwiegend vegan zu ernähren, nicht wegen meiner Gesundheit, sondern wegen der Tiere.
Jetzt sehe ich wie wichtig es ist, nicht die ganzen Hormone, Medikamente etc. der Tiere mit zu essen.
Ich will wissen woher mein essen kommt und welchen Weg es hinter sich hat, am besten will ich mein Essen irgendwann selber anbauen und ernten und es verarbeiten, beim ganzen Prozess dabei sein.
Kochen war für mich auch ganz fremd, und ich bin mir unsicher, ob ich mich tatsächlich damit anfreunden werde, aber ich will es versuchen.
Ich war immer zu faul und im Prinzip auch zu undankbar.
Für mich war/ist trinken auch ein Problem.
Ich tu mir extrem schwer zu trinken, genug Flüssigkeit zu mir zu nehmen. Oft hab ich es absichtlich nicht getan, um mich zu bestrafen, und Kopfweh zu bekommen, und manchmal um mich „zu trainieren ohne Wasser auszukommen“, oder um nicht ständig aufs Klo gehen zu müssen. Ich hab damit ein Problem seit meiner Kindheit und es nie als Problem gesehen.
Aber das ist es, ich will mich jetzt um meinen Körper kümmern und versuche mehr zu trinken.
Das mit der Ernährung ist während dem unterwegs sein nicht immer so leicht, wir gehen essen, und manchmal bekommen wir nicht das, was wir wollen. Aber bis wir wieder was festes, gewöhnliches haben, ist es okay so.
Das mit dem Trinkwasser regeln wir so, in dem wir unsere Flaschen, die wir dabei haben einfach immer wenn es geht auffüllen lassen, in Restaurants oder hostels oder an Automaten, weil wir keine Plastikflaschen, mit zum Beispiel Nestle-Wasser konsumieren wollen. [ Wie dankbar wir sein sollten, in Deutschland Wasser aus der Leitung trinken zu können, und sogar damit Baden, duschen, waschen und das Klo spülen, völlig unglaublich hier. ]
Um meinen Körper mehr zu spüren, dehne ich mich seit ich unterwegs bin, fast durchgehend jeden Tag einmal. Auch wenn es manchmal kurz kommt, Merke ich, dass es gut tut, dass ich mich bewusst mit meinem Körper beschäftige.
Ich hab mir auch vorgenommen, mich jeden Abend zu bedanken, für alle Sachen, die mein Körper tagsüber gemeistert hat, Sei es lange Strecken gelaufen, in einem ungemütlich Bus gesessen etc.
Ich würde sagen, dass ich mir noch mehr bewusster werde mit der Zeit. Dass ich mir Zeit gebe und nehme um mich um mich zu kümmern und mich kennenzulernen.
Um mich mit dem zu umgeben, was mir gut tut. Menschen, Beziehungen, Gedanken.. es spielt so vieles eine Rolle.
Mein Äußeres verändert sich übrigens auch.
Die Sonne hat mich gebräunt, ich habe komischerweise seit circa einem halben Jahr, das hatte schon in Deutschland angefangen, weiße Punkte auf dem Nacken. Die verbreiten sich und verändern sich auch ein bisschen. Keine Ahnung was das ist, hier kann ich das so leicht nicht rausfinden, aber sie stören auch nicht weiter.
Ich glaube ich habe ein bisschen zugenommen, aber ich weiß es ehrlich gesagt nicht, ich fühle mich weiterhin fit, ich laufe manchmal und das dehnen tut auch gut. Aber im allgemeinen beweg ich mich nicht so viel wie zuhause, denke ich und finde es manchmal schade.
Mit meinen haaren bin ich zufrieden, manchmal wünsch ich mir meine dreads zurück, aber mit dem Iro fühl ich mich auch ganz wohl.
Ja und dann verändert sich noch was in meinem Gesicht und es fällt mir schwer, darüber zu reden, weil es „nicht der Norm entsprechend“ ist.
Mir wachsen Haare am Kinn, und das obwohl ich doch „eine Frau“ bin, biologisch gesehen.
Ich hab das schon seit einer Weile, dass immer wieder unscheinbare dunkle Härchen dort wachsen, die aber leicht mit einer Pinzette entfernt werden können.
Aber seit ich unterwegs bin, sind es mehr geworden und sie sind häufiger da.(vielleicht liegt das an der tierproduktfreieren Ernährung, durch die ich bestimmte Hormone nicht mehr bekomme?) Ich habe mich entschieden, es zu beobachten und sie einfach mal wachsen zu lassen.
Eins wurde mir zu lang, das hab ich entfernt, aber die anderen werden für mich momentan Teil meines Gesichtes, ein Experiment.
Es wird wohl irgendwas mit meinen Hormonen zu tun haben. Darüber will ich auch mehr raus finden, wenn ich wieder die Möglichkeiten dazu habe.
Meine sexualität wird hier irgendwie auch auf die Probe gestellt. Bevor ich mich auf die Reise begeben habe, hatte ich ziemlich regelmäßig Sex.
Mit Solosex hab ich so meine Probleme, das liegt auch einfach noch an meiner eingepflanzten Abneigung zu mir selbst. Die überwinde ich jetzt und fange an gut zu mir selbst zu sein und für meine Bedürfnisse so gut es geht einzustehen.
Es ist noch manchmal schwierig für mich, mich selbst anzufassen, weil es für mich immer was verbotenes, falsches war, keine ahnung wo ich das her hab.
Unterwegs lerne ich kaum Menschen kennen, mit denen ich auf ein Level komme, sodass ich mit Ihnen Sex haben will. Ich Merke, dass mir Nähe, Umarmungen und Zärtlichkeit sehr fehlen.
Es war für mich nicht selbstverständlich, alle diese Gedanken mit der Welt zu teilen, aber ich hab mich dazu entschieden.
Ich finde, dass über manche Themen offener gesprochen werden darf. Ich hoffe mit den Informationen nicht irgendwelche Grenzen bei Menschen zu überschreiten. Wenn es so ist, würde ich mich über Rückmeldung freuen, dann kann ich in Zukunft dafür sorgen, dass sowas nicht mehr passiert.
Ich bin auf einer Reise, einer Reise zu mir selbst, auf einer Suche nach Liebe und Vertrauen für die Menschheit und unsere ganze Welt. Lasst sie uns verbreiten und fangen wir bei uns selbst an. Denn wenn wir in uns selber Frieden gefunden haben, können wir ihn nach außen tragen.