Zuhause?

Ich bin wieder zurück gefahren, als es schon dunkel war.
Hab mir meine Stirnlampe aufgesetzt und bin durch die leeren und stillen Straßen gefahren, ein sehr seltsames Gefühl. Ich konnte über Kreuzungen mit roten Ampeln fahren, weil kein Auto weit und breit zu sehen war.
Es fühlt sich so surreal an.
Auf einer Laterne entdeckte ich einen Aufkleber mit rechtem Gedankengut. Normalerweise kleb ich was drüber oder pople die Aufkleber weg, aber diesmal überkam mich ein Gefühl von Gleichgültigkeit. Ich fühlte mich überhaupt nicht verantwortlich für den Sticker, starrte ihn an, während ich an der Ampel wartete und versuchte Motivation zu sammeln um ihn zu entfernen, aber nein, er hängt immer noch.
Über einen anderen Sticker hab ich mich dann sehr gefreut, er klebte auf einem Mülleimer, und teilte den Menschen mit, dass der Abfall der hier entsorgt wird, mühsam nachsortiert wird und dass sie sich doch bemühen sollen, dass gar nicht erst Müll entsteht.
Gleich nebenan sah ich Menschen, die mit Taschenlampen am Straßenrand unterwegs waren, Krötensammeln. Ich hätte ihnen gerne dafür gedankt, aber hab mich nicht getraut.
Es ist so interessant, seit ich wieder da bin, kommt mir alles so klein vor. Das ist auch irgendwie logisch, aber trotzdem wundert es mich jedes mal wieder.
Nachdem ich mich dann den steilen Berg hoch gekämpft habe, war ich irgendwann auf den Feldern angekommen. Jetzt überflutete mich ein Gefühl von Melancholie und Frieden. Diese Ruhe, die Dunkelheit, ich machte meine Lampe aus und fuhr in dunklen weiter. Über mir leuchtete der Mond, der wieder „richtig rum“ am Himmel stand. Und all die Sterne funkelten. Wie ich diesen Sternenhimmel vermisst habe.
Aber Dunkelheit macht mich immer sich nachdenklich und traurig. Ich dachte an zuhause, ich habe eine Familie, bei der ich wohnen kann, ich hab genug essen und trinken und mir geht es körperlich und psychisch gut.
So viele andere haben das nicht, wohin gehen die, wenn es heißt „bleib zuhause“
Ich denke an die ganzen geflüchteten auf lesbos, die schutzlosen Menschen, die Kranken, die verängstigten.. ich würde so gerne mehr machen können, und fühle mich doch so, als würde ich einfach nur zuschauen.
Aber nein, das will ich nicht.
Heute um 16 Uhr ist virtuelle Demo von seebrücke.
Da will ich mitmachen!