Festivalbändchen statt Rolex (by Gin)

Festivalbändchen statt Rolex
(Autor*: Gin)

Bin ich cooler weil ich unabhängig von Statussymbolen bin oder bilde ich mir das auch nur ein?

Bin ich oberflächlich, weil mir auf den ersten Blick Menschen mit Tattoos, Piercings, bunten Haaren oder Dreads und am besten noch nem chilligen Outfit sympathischer sind als Menschen, die ich als „langweilig aussehend“ abstempeln würde?
Vermutlich ja.
Ist das dann nicht genau das gleiche, wie wenn Menschen mit ner Mille in der Portokasse (das Wort hab ich neu gelernt) lieber eine Person mit Rolex und Porsche ansprechen?
Vermutlich ja.
Ist mir das jetzt unangenehm weil ich immer dachte ich wär besser als die?
Ein bisschen.
Ich frage mich, ob das eine normale Funktion des menschlichen Gehirns ist und ich finde das würde definitiv Sinn machen.
Mensch geht wohl davon aus, dass Menschen, die ähnlich aussehen, auch eine ähnliche Einstellung haben. Das gibt natürlich Sympathiepunkte. Und dass Mensch nicht ALLE Menschen im Raum auf einmal ansprechen kann ist auch klar. Außerdem: Dass ich einen Menschen treffe, der gegen den Kapitalismus ist, in seinem Job Menschen ausbeutet und sich davon Markenklamotten kauft ist wohl eher unwahrscheinlich.
Also was ist so schlimm daran, oberflächlich auszusortieren?
Ich weiß es nicht, ob es überhaupt schlimm ist.
Aber bestimmt verpasse ich interessante Bekanntschaften, weil ich oberflächlich bin, weil ich ja nicht nur Leute mit Rolex nicht anspreche, sondern auch die nicht, die ein Foto von ihrem Chicken Curry macht, Make-up trägt, lange blonde Haare hat, Perlenohrringe und ein weißes T-Shirt mit Jeansshorts trägt – oder ich verzeihe den „coolen Leuten“ ihr dummes Verhalten leichter, weil ich davon ausgehe, dass sie auch so denken wie ich, obwohl ich es von anderen Menschen auch nicht akzeptieren würde.
Ich kann also definitiv nicht behaupten, dass ich alle gleich behandel und grenzenlos tolerant bin, geschweige denn nicht oberflächlich durch die Welt lauf.

Ersetzt dann also die Goa-Hose das Kleid von Louis Vuitton (musste erst mal googeln wie man das schreibt) eine „chillige Frisur“ den Haarschnitt für 100€, ausgelatschte Vans die High Heels von Valentino und nicht zuletzt das Festivalbändchen die Rolex?

Ich glaube jedenfalls nicht, dass wir frei sind von Statussymbolen, ich glaube, wir haben einfach nur andere.